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Agfa, Kullmann, Singer & Co und die frühe Filmmanufaktur

Am 17. April 1905 besuchte ein gewisser M. Paul Singer die Direktoren der Actien-Gesellschaft für Anilin-Fabrikation (AGFA) in Berlin-Treptow. Paul Singer, ein eingebürgerter Franzose und Partner von  Kullmann, Singer & Cie, Makler mit Sitz in Paris und Brüssel, unterbreitete der Photographischen Abteilung ein unübliches Angebot: er bat sie um den Auftrag:

 

... uns eine Gruppe zu-(zuführen), der wir eine Fabrik für Films u. event.  andere photographische Articel einrichten u. der wir einen Fabrications-Leiter stellen welchen unsere Fabricationsverfahren bekannt sind u. der angewiesen wird nach unseren Verfahren zu arbeiten.[1]

 

Mit einem Kapital von 11,5 Millionen Mark, 1.700 Arbeitern, 55 Chemikern, 31 Ingenieuren und Technikern und 150 Verkaufsangestellten galt die, 1873 gegründete, Actien-Gesellschaft für Anilin-Fabrikation 1905 als eine der fünf führenden deutschen Hersteller von Anilinfarben und Chemikalien. AGFA hatte zwei Fabriken in der Gegend um Berlin, eine in Bitterfeld, eine in St.Föns in der Nähe von Lyon, Frankreich und eine in Moskau, Russland. Die Haupt- Produktpalette umfasste Anilinfarben, Parfüme, pharmazeutische Chemikalien und, ab 1888, Entwickler für photographische Platten.

 

Dr. Momme Andresen, ein Chemiker bei AGFA und Amateurphotograph, war der Erfinder von Rodinal, Metol, Amidol und  Glycin, photographische Entwickler, die immer noch weltweit verkauft werden. 1892 gab das Direktorium sein Einverständnis zu einem Antrag von Dr. Andresen, eine photographische Abteilung für die Erforschung und Herstellung von photographischen Artikeln einzurichten. 1895 wurden die AGFA-Trockenplatten ein internationaler Erfolg und 1898 begann das photographische Labor mit Experimenten in der Herstellung von Rollfilm und kinematographischem Film.

 

Die Labor-Experimente verliefen erfolgreich: "Die dort hergestellten Rollfilms erfreuen sich allgemeiner Anerkennung und werden dem Fabrikat der Eastman Co. mindestens gleichgestellt- soweit sie keine Flecken haben."[2]

 


 

[1]AW 1084/17-APR05. Notiz von P. Singer an die AGFA Photographische Abteilung. In allen Zitaten haben wir die damalige Schreibweise (unkorrigiert) übernommen. Die AGFA-Akten sind Teil des I.G.Farbenindustrie Archives und werden im Bundesarichiv in Hoppegarten aufbewahrt. Die ersten beiden Buchstaben und Zahlen sind die dortige Bezeichnung der Akte.

[2]AGFA-Jahresbericht 1899.