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Ausschnitt aus Foto Nr. 7

Bei einer Durchsicht von Seebers Schriften habe ich keine Angaben gefunden, mit welchen Kameras er zu dieser Zeit gedreht hat. Die Kamera, die hier im Atelier Chausseestraße 123 auf dem Stativ steht, ist zweifelsfrei eine französische PRÉVOST, die in Seebers Buch DER PRAKTISCHE KAMERAMANN von 1927 erwähnt und (3 x) abgebildet ist. Aus seinen kurzen Bemerkungen zu dieser Kamera lässt sich schließen, dass Seeber sie aus mehreren Gründen der PATHÉ INDUSTRIEL vorgezogen hat. Die PATHÉ-INDUSTRIEL war damals in den europäischen und amerikanischen Studios als Standard - Kamera weit verbreitet. Sie war bekannt für leichten Lauf und einen sehr guten Bildstand. Dafür dass Seeber ihr die PRÉVOST, eine Weiterentwicklung der PATHÉ- INDUSTRIEL, vorzog, lassen sich folgende Gründe anführen:

 

 

1. Gegenüber den beiden hintereinander der PATHÉ aufsitzenden Kassetten, deren Holzkonstruktion sich bei großer Hitze verziehen konnte, verfügten die beiden nebeneinander angeordneten Kassetten der PRÉVOST über den zusätzlichen Licht- und Staubschutz einer hochklappbaren hölzernen Haube.

2. Der Filmkanal der PRÉVOST war leicht zugänglich und wie der Filmkanal der Pathé sehr präzise gearbeitet.

3. Von Seeber nicht erwähnt, für seine Wahl aber wohl ausschlaggebend, ist die bei der PRÉVOST seitlich - und nicht wie bei der PATHÉ hinten - an der Kamera angebrachte Kurbel.

Ergonomisch war dies ein bedeutender Fortschritt, der die Beobachtung des Bildes und die Verstellung des Seiten- und des Höhenpanoramas während des Drehens sehr erleichterte.

4. Die Prévost besaß ein fest eingebautes Sehrohr, das mit seiner Lupe die Betrachtung des Bildfensters direkt auf den damals noch lichtdurchlässigen Rohfilm - wie auf einer Mattscheibe -ermöglichte, ohne dabei den übrigen Film durch Lichteinfall zu verschleiern. Beim Drehen wurde dieser Sucher nicht benutzt, es war, wie es damals hieß, ein „Einstell-Sucher“. ( Die berühmte Debrie, die Askania Z und viele andere Kameratypen haben dieses Suchersystem wiederaufgenommen und so perfektioniert, dass sich das Bild auf dem Film nach Bedarf auch während des Drehens betrachten ließ, bis es nach und nach vom Suchersystem der Arriflex abgelöst wurde, wohl auch, weil die später mit einer Rückschicht versehenen Schwarzweißfilme und erst recht der Farbfilm eine Betrachtung des Bildausschnitts direkt auf dem Film unmöglich machten.)

 

Seeber befestigte an der linken Seite seiner Kamera daher einen zusätzlichen Kasten-Sucher – ich vermute, dass es der damals weit verbreitete Sucher der Fa. Pathé war Man sieht den Blendschutz etwas hervorragen. Die einfache Optik dieses Suchers wirft ein kopfstehendes Bild auf eine Mattscheibe. Anhand dieses kopfstehenden, im Gegensatz zum Sehrohrbild aber sehr hellen Sucherbildes konnte der Kameramann, während er mit der rechten Hand den Film kurbelte, den Ausschnitt kontrollieren. Die Mattscheibe des Kastensuchers zeigte ein größeres Bild als den tatsächliche Bildausschnitt. Auf ihrer rauen Oberfläche ließen sich die im Sehrohr der Kamera durch die eingebaute Lupe sichtbaren tatsächlichen Bildbegrenzungen z. B. mit einem Bleistift eintragen. Für Naheinstellungen gab es einen einfachen Parallaxen- Ausgleich.