logo

logo

Gründung und Aufstieg der Geyer-Werke (1911-1928)

 

Für das Berufsbild der in der Filmfabrik arbeitenden Menschen ergaben sich einschneidende Änderungen: „Früher stand der gelernte Fotograf, der seiner ganzen Ausbildung nach die geeignetste Kraft für den auf fotochemischen Grundlagen aufgebauten Betrieb war, an der Spitze der Arbeit.

Durch die weitgehende Mechanisierung der Arbeit wurde dann der gelernte Facharbeiter immer weiter ausgeschaltet, bis an seine Stelle angelernte Arbeiterinnen traten, die zum Teil sogar mehrere der vollautomatischen Maschinen bedienen konnten, da ihre Arbeit sich fast ausschließlich auf Kontrollausübungen beschränkte.“40 Frauen erhielten in allen Lohngruppen zwanzig Prozent weniger als Männer.41

 

Zwischen 1919 und 1923 legten drei große Streiks die Berliner Filmindustrie fast völlig lahm, mit denen die im Filmkartell zusammengeschlossenen Arbeitnehmerorganisationen den Anschluss der Lohnabkommen an die immer stärker spürbar werdende Inflation gewinnen wollten. „Wenn wir Versammlung hatten, dann mußten wir zum roten Gewerkschaftsgebäude am Engelbecken, das liegt heute im Osten. Da mußten wir dann hinmarschieren. Anfang der zwanziger Jahre haben sie alle fünf Minuten gestreikt, wegen Geld!“42

Im Lauf des Jahres 1923 verfiel die deutsche Währung vollständig; war im Mai ein Dollar noch für 31.700 ‚Papiermark‘ zu haben gewesen, kostete er Ende Juli bereits eine Million, im Oktober 72,5 Milliarden, vor der Währungsreform am 20. November schließlich 4,2 Billionen Mark. Die Spalten der Lohnbücher, nicht nur bei Geyer, reichten für die neun- und mehrstelligen Ziffern nicht mehr aus. „Damals kriegten wir jeden Tag Geld. Manchmal hatten wir die Aktentasche voll, und dann natürlich mit Billionen-Scheinen. Da mußte man dann schnell kaufen gehen, damit wir zu essen hatten, weil das Geld ja am nächsten Tag schon keinen Wert mehr hatte.“43

Im August 1923 ging die Agfa, der hauptsächliche Rohfilmlieferant der Geyer-Werke, dazu über, den Rohfilmpreis wieder in Goldmark anzugeben, die in den jeweiligen Dollarkurs umgerechnet werden mußten. Geyer folgte diesem Schritt am 1. September. Hierdurch sollte wenigstens eine kurzfristige kaufmännische Kalkulation wieder möglich werden.

 

Die mit der Einführung der Rentenmark im November 1923 einsetzende Stabilisierung brachte für viele der in der Inflationszeit emporgekommenen Filmproduktionsfirmen das Ende. Es waren viel mehr Filme produziert worden, als der Kinomarkt aufnehmen konnte, und mit der wieder sichereren deutschen Währung kehrten auch die ausländischen Konkurrenten, allen voran die amerikanischen Filmkonzerne, auf den deutschen Markt zurück.

Für die Kopierwerke entstanden Probleme durch Zahlungseinstellungen zusammengebrochener Firmen, einen Ausgleich brachten aber die ausländischen Filme, die für den deutschen Markt kopiert und neu getitelt werden mußten. Der Aufwärtstrend bei Geyer hielt weiter an, 1925 wurde mit 14.181.600 Metern Positiv eine Rekordjahresleistung erreicht, die Kopierleistung hatte sich damit seit Kriegsende mehr als verdreifacht.