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Der geheimnisvolle Klub und der "attentive spectator"

Abbildung 1

 

Hier aber geht es um etwas anderes.

Die Bewegung findet in unserem Wahrnehmungsakt statt, eine Bewegung zweiter Ordnung sozusagen, die etwas mit der Flexibilität unserer Sinnesorgane zu tun hat, mit der Physiologie und Psychologie des Auges und seiner Schwierigkeit, aber auch seiner Bereitschaft, sich überraschen zu lassen. Denn zweifellos ist es ein Überraschungseffekt, mit dem dieser Film beginnt – ein Effekt, der ausschließlich aufs Visuelle zielt und visuell strukturiert ist.

Eine Glasfläche, die sich über eine andere Glasfläche schiebt; ein Türrahmen, der die Rahmung eines Fensters durchschneidet: Ganz plötzlich findet nicht nur die „Handlung“ (einer agierenden Person), sondern die Aktion unseres Sehens auf einer verschachtelten, kompliziert gestaffelten Wahrnehmungsbühne statt.

 

Ein paar Sequenzen später: Ankunft in Rotterdam, der Hauptbahnhof – eine moderne Glas- und Eisenkonstruktion, die den Bildhintergrund beherrscht. Zwei Ankömmlinge streben einer Pferdedroschke zu, die Kamera nimmt ihre Bewegung auf und schwenkt von links zügig über den Pferdeleib auf die Kutsche.

Doch noch schneller eilen, dicht vor dem Kameraobjektiv und somit näher im Vordergrund, zwei Arbeiter mit einer Karre durch das Bild, sie „überholen“ gleichsam den Schwenk, zugleich setzen sie ihn fort ins Off. Wenn sie wieder aus dem Bild sind, haben die beiden Herren in der Kutsche Platz genommen; das Fuhrwerk setzt sich in Gegenrichtung in Bewegung. Die fließende Bewegung der Menschen und Objekte im Bild und die technische Bewegung des „Apparats“ konkurrieren miteinander und ergänzen sich zugleich. Diese Einstellung ist acht Sekunden lang.

 

Rotterdam ist eine Stadt, in der viel passieren kann – wenn es um einen Kriminalfall oder auch nur um das Sehen, um die Arbeit der Augen geht. In einer Großstadt funktioniert alles „schneller“ als in der Provinz. Bald haben Automobile die Pferdedroschken abgelöst. Es geht schließlich darum, einem Verbrecher auf die Spur zu kommen und ihn bei einer bösen Tat zu ertappen. Da können Sekunden entscheiden, und so ist es nur konsequent, dass zweimal in Großeinstellung eine Hand mit einer Taschenuhr einmontiert wird (Abbildung 1): der Chronometer als Emblem einer Lebenswelt, in der Zeit als Äquivalent figuriert, für Geld und den geschäftlichen Erfolg, gegebenenfalls aber auch für den Sieg der Rechtsordnung und der Moral. Eine ähnliche Konnotation ist dem Telefon zuzuordnen, das zu Beginn des Films, in der zweiten Einstellung, im Büro des Detektivs groß im Vordergrund zu sehen ist.