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Der geheimnisvolle Klub und der "attentive spectator"

Abbildung 3
Abbildung 4

 

Der geheimnisvolle Klub ist – in einer Kopie des Nederlands Filmmuseum, Amsterdam – 31 Minuten lang, besteht aus drei Akten und stammt von dem in Österreich geborenen Regisseur Joseph Delmont.1

Seine Zirkuserfahrungen – Delmont ist in einem Wanderzirkus aufgewachsen – begründeten seinen frühen Ruhm als Tierfänger und Dompteur, der ihn zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA rasch zum Spezialisten für einschlägige Ein- und Zweiakter der Vitagraph avancieren ließ. 1910 nach Europa zurückgekehrt, arbeitete er als Kameramann in Österreich, wenig später auch als Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler in deutschen Ateliers, vor allem bei der Deutschen Mutoskop- und Biograph und der Eiko-Film GmbH, oft zusammen mit Fred Sauer und Ilse Bois. Sie spielen auch die Hauptrollen in Der geheimnisvolle Klub, den Delmont nach Motiven von Robert Louis Stevensons Erzählung „Der Selbstmörderklub“ für die Eiko realisiert hat.

„Sensationen“ für das Auge: das war eine Delmontsche Spezialität. Auf diesem Gebiet hat er schon manches ausprobiert, was erst Jahre später Joe May oder Fritz Lang aufgreifen werden.

Vom Tempo des urbanen Lebens besessen wie nur wenige deutsche oder österreichische Regisseure (allenfalls Max Mack in den Verfolgungsszenen von Wo ist Coletti?, 1913, kann sich mit ihm messen), übertraf er auch alle anderen in seiner Leidenschaft für die plein air-Aufnahme, für überraschungsreiche Außenszenen, in denen Licht, Luft und Bewegung die Akzente setzen, sich in die Handlung einmischen und ihr eine spezifische Dynamik verleihen. Den „Sensationsfilm“ der Jahre vor dem ersten Weltkrieg hat Delmont, nimmt man Der geheimnisvolle Klub zum Maßstab, mit seinen sorgfältig gewählten Außensets geprägt. Es ist die Rotterdamer Innenstadt, in deren Straßen der Kaufmannssohn Gerhard Bern einem Selbstmörderklub, sprich: einem Ring von Versicherungsbetrügern auf der Spur ist; es ist der als subtropischer Traum angelegte Park des Konsuls Verstraaten, in dessen Tochter Ilse sich Gerhard verliebt; es sind die Strände und die elegante Mole von Scheveningen mit ihrem mondänen Publikum (Abbildung 3), schließlich die düsteren Grachten der Altstadt und die Hafengewässer von Rotterdam (Abbildung 4), die der Verfolgung und dramatischen Verhaftung des Bösewichts van Geldern exzellente Schauwerte hinzufügen und zum Kolorit verhelfen.

 

 

  

 

 

1) Biografie und Filmografie in: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, hrsg. von Hans Michael Bock. Lg. 29, Oktober 1997, bearbeitet von Jerzy Maśnicki und Kamil Stepan. Vgl. Gerhard Winkler: Joseph Delmont 1873-1935. Abenteurer – Filmer – Schriftsteller; sein Leben – seine Filme – seine Bücher. St. Pölten: Literaturedition Niederösterreich 2005.